In der Regel denkt man bei einem Testament zunächst an die Einhaltung formaler Vorschriften, um die gewünschte Verteilung des Nachlasses sicherzustellen. Doch was passiert, wenn ein Testament zivilrechtlich unwirksam ist? Spannenderweise kann ein solches Testament unter bestimmten Bedingungen trotzdem erbschaftsteuerlich anerkannt werden – mit teils erheblichen finanziellen Folgen.
Zivilrechtlich unwirksam, aber steuerlich relevant?
Zivilrechtlich gelten klare Regeln: Testamente müssen entweder handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein. Aber es gibt auch andere Gründe, weshalb eine letztwillige Verfügung unwirksam sein kann. Beispielsweise, wenn die Erblasserin oder der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserstellung nicht mehr testierfähig war. Ein Testament, das diesen formalen Anforderungen nicht genügt, kann in der Regel nicht als Grundlage für die Nachlassverteilung herangezogen werden.
In der Praxis kommt es jedoch immer wieder vor, dass die Beteiligten den im Testament geäußerten Willen des Erblassers dennoch umsetzen möchten – auch wenn das Testament rechtlich unwirksam ist. Hier kommt die Erbschaftsteuer ins Spiel, denn in solchen Fällen ist die Finanzverwaltung unter bestimmten Voraussetzungen bereit, den Nachlass steuerlich anzuerkennen.
Wann wird ein unwirksames Testament steuerlich anerkannt?
Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein unwirksames Testament dennoch erbschaftsteuerlich anerkannt werden kann:
- Der Wille der verstorbenen Person wird erkennbar umgesetzt: Die unwirksame Regelung entspricht dem nachweisbaren Willen der verstorbenen Person. Das bedeutet, dass die Bestimmungen des Testaments trotz formeller Unwirksamkeit tatsächlich den Wünschen der verstorbenen Person entsprechen.
- Die Regelungen werden wie gewollt ausgeführt: Die in der unwirksamen Verfügung getroffenen Anordnungen werden von den Beteiligten entsprechend dem Willen der verstorbenen Person umgesetzt. In solchen Fällen wird die Finanzverwaltung häufig bereit sein, den Erwerb nach wirtschaftlichen Kriterien zu beurteilen, auch wenn das Testament zivilrechtlich unwirksam ist.
Welche Auswirkungen hat dies?
Die steuerliche Anerkennung eines zivilrechtlich unwirksamen Testaments kann erhebliche finanzielle Folgen haben. Insbesondere in Bezug auf die Anwendung der persönlichen Freibeträge und die Bestimmung der Schuldnerschaft für die Erbschaftsteuer können sich deutliche Unterschiede ergeben. Im Idealfall kann es zu steuerlichen Vorteilen kommen, wenn der Nachlass nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet wird, anstatt sich strikt an die zivilrechtliche Unwirksamkeit zu halten.
Fazit: Ein häufiger Fall in der Praxis
Obwohl unwirksame Testamente zivilrechtlich keine Bedeutung haben, ist die steuerliche Anerkennung in der Praxis gar nicht so selten. Es ist daher ratsam, die steuerlichen Auswirkungen im Blick zu behalten und bei Bedarf rechtzeitig fachkundigen Rat einzuholen, um das steuerliche Potenzial eines solchen Falls optimal zu nutzen.
Ein Testament sollte idealerweise immer rechtswirksam erstellt werden, um spätere Unsicherheiten zu vermeiden. Doch auch wenn dies nicht der Fall ist, kann eine sorgfältige Nachlassplanung in Verbindung mit einer klaren Willensumsetzung steuerliche Vorteile bieten.